Nathan Jakubowitz

Nathan Jakubowitz, 1898 in Widawa (heute Polen) geboren, kam nach dem Ersten Weltkrieg von Polen nach Berlin, arbeitete in seinem Beruf als Friseur und floh wegen der nationalsozialistischen Judenverfolgung im August 1933 nach Belgien. 1942 wurde Jakubowitz nach einer Razzia in das Durchgangslager Malines/Mechelen verbracht. Bereits wenige Tage nach seiner Verhaftung kam er im August 1942 auf Transport nach Auschwitz und wurde als Häftling Nummer 64.161 registriert. In Auschwitz IAuschwitz I
Im November 1943 wurde der Lagerkomplex Auschwitz administrativ dreigeteilt: Das → Stammlager, das seit Mai 1940 existierende, erhielt die Bezeichnung Auschwitz I.
(StammlagerStammlager
→ Auschwitz I
) wurde Jakubowitz zunächst Blockfriseur und später Häftlingslagerfriseur. Er überlebte im Januar 1945 einen TodesmarschTodesmarsch
Als im Januar 1945 die Rote Armee sich Auschwitz näherte, beschloss die → SS, das Lager zu „evakuieren“, das heißt, die Häftlinge in streng bewachten Marschkolonnen nach Westen zu treiben. Bei eisiger Kälte, im Schnee, schlecht bekleidet und meist ohne Proviant marschierten die Häftlinge kilometerweit über die Landstraßen. Die Strapazen, die Kälte verursachten, dass viele Häftlinge vor Erschöpfung zusammenbrachen und von der → SS erschossen wurden. Tausende kamen auf diese Weise ums Leben.
, kam auf Transport in das KonzentrationslagerKonzentrationslager
Die → SS richtete unmittelbar nach der sogenannten Machtergreifung (Ende Januar 1933) Konzentrationslager für Menschen ein, die das Regime als politische Gegner betrachtete und deshalb verfolgte.
Die Hauptkonzentrationslager waren: Dachau (1933–1945), Sachsenhausen (1936–1945), Buchenwald (1937–1945), Flossenbürg (1938–1945), Mauthausen (1938–1945), Neuengamme (1940–1945), Ravensbrück (1939–1945).
In den besetzten Gebieten: Stutthof (bei Danzig) (1939–1945), Auschwitz (1940–1945), Groß-Rosen (bei Breslau) (1940–1945), Natzweiler-Struthof (Elsass) (1940–1945), Plaszow (bei Krakau) (1941–1945), Majdanek (bei Lublin (1941–1944).

Mauthausen (bei Linz/Österreich) und in die Nebenlager Melk und Ebensee. Dort wurde er von der amerikanischen Armee befreit und kehrte nach Belgien zurück.
Zur Zeit seiner Vernehmung im September 1964 war der Zeuge Nathan Jakubowitz 65 Jahre alt und arbeitete in Antwerpen/Belgien als Friseur.

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Hörbeispiel:
Ich komme herein in Block 24, da steht Kaduk. Und ich stelle mich gleich hin. Sage ich: „Nummer 64.000 soundso viel meldet sich zur Stelle, Herr RapportführerRapportführer
Für das sogenannte Schutzhaftlager (das umzäunte und bewachte Lager mit den Häftlingsbaracken) war der Schutzhaftlagerführer verantwortlich. Ihm unterstand ein SS-Unterführer ( → SS-Rang), der in der Funktion eines Rapportführers für den zahlenmäßigen Lagerstand, die „Lagerstärke“, zuständig war.
.“ „Bist Jude?“ „Jawohl.“ „Komm, du wirst mich rasieren!“ „Gut.“ Und nimmt die Pistole heraus und legt sie auf den Tisch. „Du verdammter Jude“, sagt er, „wenn du mir nur ein klein bisschen wo einen Schnitt gibst, wenn ich Blut sehe, da kriegst du von mir einen GenickschussGenickschuss
Bei Erschießungen an der → Schwarzen Wand wurden den Opfern von der → SS in den Hinterkopf geschossen. Die → SS verwendete meist ein Kleinkalibergewehr.
.“ Na, das war seine Spezialität. Und ich habe mich verabschiedet. Ich wollte noch leben bleiben, ich war schon 44. Ich habe mich von meiner Familie verabschiedet, also innerlich, Herr Präsident, und von allen.
(85. Verhandlungstag, 3.9.1964)

Erläuterung:
In seiner Funktion als RapportführerRapportführer
Für das sogenannte Schutzhaftlager (das umzäunte und bewachte Lager mit den Häftlingsbaracken) war der Schutzhaftlagerführer verantwortlich. Ihm unterstand ein SS-Unterführer ( → SS-Rang), der in der Funktion eines Rapportführers für den zahlenmäßigen Lagerstand, die „Lagerstärke“, zuständig war.
in Auschwitz IAuschwitz I
Im November 1943 wurde der Lagerkomplex Auschwitz administrativ dreigeteilt: Das → Stammlager, das seit Mai 1940 existierende, erhielt die Bezeichnung Auschwitz I.
(StammlagerStammlager
→ Auschwitz I
) war der Angeklagte Oswald Kaduk, dem SS-RangSS-Rang
Die SS war ein enger, streng hierarchisch gegliederter Verband mit Diensträngen analog zu den Rängen der Wehrmacht.
Charakteristisch für die Organisationsstruktur der SS war das Prinzip der doppelten Unterstellung. Das bedeutete, dass ein untergeordneter Rang zwei (oder mehr) übergeordneten Instanzen unterstellt war. Beispielhaft für dieses Prinzip ist das Unterstellungsverhältnis der Kommandantur-Angehörigen in den Konzentrationslagern. Diese waren in der Regel disziplinarisch dem KZ-Kommandanten unterstellt, empfingen ihre „fachlichen“ Weisungen jedoch von der funktionsmäßig übergeordneten Abteilung in der Inspektion der Konzentrationslager.

nach (SS-Hauptscharführer) eine vergleichsweise niedere Charge, Herr über Leben und Tod der Häftlinge. Nach dem Zeugnis vieler Häftlinge hat Kaduk eine Vielzahl von willkürlichen, eigenmächtigen Tötungen vorgenommen. Kein Häftling konnte vor ihm sicher sein. Meist in betrunkenem Zustand, mordete Kaduk wahllos. Hätte Kaduk im Falle des Friseurs und Zeugen Nathan Jakubowitz diesen aus nichtigem Anlass getötet, wäre die Mordtat für den SS-Mann im Lager gänzlich folgenlos geblieben.