Dov Paisikovic

Paisikovic GS 192

Dov Paisikovic, 1924 in Velky Rakovec/Tschechoslowakei geboren, wurde im Mai 1944 aus Munkács/Mukacevo (Karpatenukraine/Transkarpatien), das seit 1938 zu Ungarn gehörte, mit seinen Eltern und sieben Geschwistern nach Auschwitz verschleppt. Nur er und ein Bruder überlebten die Lager. Paisikovic erhielt die Häftlingsnummer A-3076 und wurde nach wenigen Tagen zusammen mit seinem Vater dem „Sonderkommando“ zugeteilt. In einem zur Vergasungsanlage umgebauten Bauernhaus hatten der Zeuge und sein Vater Leichen aus den Gaskammern zu Verbrennungsgruben zu transportieren, später wurden sie in den Krematorien eingesetzt. Das „Sonderkommando“, das im Sommer 1944 aufgrund der großen Zahl von Todeszügen bis auf circa 1.000 Mitglieder angewachsen war, war teilweise auf den Dachböden der Krematorien untergebracht. Seit Ende Oktober 1944 arbeitete Paisikovic bei der Beseitigung der Spuren der Massenvernichtungsanlagen. Die Häftlinge hatten die Krematorien abzureißen und Asche und Knochenreste in den nahen Fluss Weichsel zu schütten. Paisikovic überlebte den Todesmarsch, kam ins KZ Mauthausen (bei Linz/Österreich) und die Nebenlager Melk und Ebensee und wurde im Mai 1945 von der amerikanischen Armee befreit.

Zur Zeit seiner Vernehmung im Oktober 1964 war der Zeuge Dov Paisikovic 40 Jahre alt, von Beruf Fleischer und lebte in Chedera/Israel.

Hörbeispiel:

Es war ein Fall, die Leute waren schon in der Gaskammer. Und man hat das Zyklon, eine Büchse, zu dem Dach gebracht, und eine zweite Büchse war nicht [da]. War dorten ein Arzt, und der Arzt fragt den Chauffeur: „Wo hast du die andere?“ Sagt er: „Ich habe nur eine gebracht.“ Hat er ihn angeschrien und ihm gesagt: „Du musst [aus] Auschwitz noch eine Büchse bringen.“ Das hat [längere] Zeit gedauert, bis sie tot waren und bis man die andere Büchse gebracht hat, weil die Tore waren schon verschlossen.
(98. Verhandlungstag, 8.10.1964)

Erläuterung:

In den Decken der Gaskammern der Krematorien II und III waren Öffnungen angebracht, durch die das Tötungsmittel Zyklon B eingeworfen wurde. In Auschwitz wurden meist Büchsen mit einem halben oder einem Kilo Zyklon B verwendet. Das Gas war neben dem Stammlager (Auschwitz I) im sogenannten Theatergebäude gelagert. SS-Leute, die als „Desinfektoren“ ausgebildet worden waren und der Abteilung SS-Standortarzt angehörten, holten das Gas mit einem Sanitätskraftwagen (Sanka) ab und brachten es zu den Krematorien. Durch eine Gasmaske geschützt, öffnete der „Desinfektor“ mit einem speziellen Schlageisen die Büchse und schüttete das Gas in die Kammer. Wie viel Zyklon B verwendet wurde, hing von der Größe der Gaskammer, der Anzahl der Opfer und der Raumtemperatur ab. Der erste Kommandant von Auschwitz, Rudolf Höß, gab an, zur Tötung von circa 1.500 Menschen seien zwischen 5 und 7 Kilogramm Zyklon B erforderlich gewesen.

back zurück