Nathan Jakubowitz

Jakubowicz DPA 066

Nathan Jakubowitz, 1898 in Widawa (heute Polen) geboren, kam nach dem Ersten Weltkrieg von Polen nach Berlin, arbeitete in seinem Beruf als Friseur und floh wegen der nationalsozialistischen Judenverfolgung im August 1933 nach Belgien. 1942 wurde Jakubowitz nach einer Razzia in das Durchgangslager Malines/Mechelen verbracht. Bereits wenige Tage nach seiner Verhaftung kam er im August 1942 auf Transport nach Auschwitz und wurde als Häftling Nummer 64.161 registriert. In Auschwitz I (Stammlager) wurde Jakubowitz zunächst Blockfriseur und später Häftlingslagerfriseur. Er überlebte im Januar 1945 einen Todesmarsch, kam auf Transport in das Konzentrationslager Mauthausen (bei Linz/Österreich) und in die Nebenlager Melk und Ebensee. Dort wurde er von der amerikanischen Armee befreit und kehrte nach Belgien zurück.

Zur Zeit seiner Vernehmung im September 1964 war der Zeuge Nathan Jakubowitz 65 Jahre alt und arbeitete in Antwerpen/Belgien als Friseur.

Hörbeispiel:

Ich komme herein in Block 24, da steht Kaduk. Und ich stelle mich gleich hin. Sage ich: „Nummer 64.000 soundso viel meldet sich zur Stelle, Herr Rapportführer.“ „Bist Jude?“ „Jawohl.“ „Komm, du wirst mich rasieren!“ „Gut.“ Und nimmt die Pistole heraus und legt sie auf den Tisch. „Du verdammter Jude“, sagt er, „wenn du mir nur ein klein bisschen wo einen Schnitt gibst, wenn ich Blut sehe, da kriegst du von mir einen Genickschuss.“ Na, das war seine Spezialität. Und ich habe mich verabschiedet. Ich wollte noch leben bleiben, ich war schon 44. Ich habe mich von meiner Familie verabschiedet, also innerlich, Herr Präsident, und von allen.
(85. Verhandlungstag, 3.9.1964)

Erläuterung:

In seiner Funktion als Rapportführer in Auschwitz I (Stammlager) war der Angeklagte Oswald Kaduk, dem SS-Rang nach (SS-Hauptscharführer) eine vergleichsweise niedere Charge, Herr über Leben und Tod der Häftlinge. Nach dem Zeugnis vieler Häftlinge hat Kaduk eine Vielzahl von willkürlichen, eigenmächtigen Tötungen vorgenommen. Kein Häftling konnte vor ihm sicher sein. Meist in betrunkenem Zustand, mordete Kaduk wahllos. Hätte Kaduk im Falle des Friseurs und Zeugen Nathan Jakubowitz diesen aus nichtigem Anlass getötet, wäre die Mordtat für den SS-Mann im Lager gänzlich folgenlos geblieben.

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