Heinrich Dürmayer

Duermayer DPA 064

Heinrich Dürmayer, 1905 in Wien geboren, schloss sich im Spanischen Bürgerkrieg den Internationalen Brigaden an und verteidigte die spanische Republik gegen die von General Francisco Franco angeführten Truppen. Nach der Niederlage der Republikaner floh Dürmayer nach Frankreich, wurde dort interniert und nach dem Waffenstillstand zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich von französischen Stellen an die Gestapo ausgeliefert. Nach einjähriger Untersuchungshaft in Wien wurde er in das Konzentrationslager Flossenbürg (Oberpfalz) transportiert. Von dort kam er im Januar 1944 nach Auschwitz. In Auschwitz I (Stammlager) war Dürmayer ab August 1944 Lagerältester. Im Januar 1945 ging Dürmayer auf den Todesmarsch von Auschwitz nach Loslau/Wodzislaw Slaski (60 Kilometer westlich von Auschwitz) und von dort mit einem Transport ins Konzentrationslager Mauthausen (bei Linz) in Österreich. In Mauthausen wurde er im Mai 1945 von der amerikanischen Armee befreit.

Zur Zeit seiner Vernehmung im Juni 1964 war der Zeuge Heinrich Dürmayer 59 Jahre alt und lebte als Rechtsanwalt in Wien.

Hörbeispiel:

Und dazu möchte ich feststellen nochmals: Ausnahmslos – denn wenn es einen Einzigen gegeben hätte, würden wir das wissen, denn für den Mann hätten wir uns interessiert, der Mann wäre aufgefallen, den Mann hätten wir getrachtet, für uns zu gewinnen, irgendwie auszunützen –, ausnahmslos haben sich zu diesem Dienst an der Rampe alle Block- und Rapportführer gedrängt. Und wenn sie nachher zurückgekommen sind ins Lager, haben sie untereinander erzählt, was sie alles dabei ... „Ich habe eine Flasche Schnaps.“ „Ich habe einen Ring.“ „Ich habe das.“ „Dem Juden habe ich so viel Geld weggenommen.“ Und so weiter. Das waren die Gespräche, wie sie nachher geführt worden sind.
(58./59. Verhandlungstag, 22./25.6.1964)

Erläuterung:

Seit Mitte 1942 wurden die Menschentransporte, die das Reichssicherheitshauptamt der SS in Berlin (Referat IV B 4, geleitet von SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann) organisierte und durch die Gestapostellen im Deutschen Reich und den besetzten Ländern durchführen ließ, unmittelbar nach der Auskunft in Auschwitz einer sogenannten Selektion unterzogen. SS-Leute, meist SS-Führer in verschiedenen Dienststellungen (insbesondere SS-Ärzte) und SS-Unterführer (z. B. Block- und Rapportführer) trafen auf der „Alten Rampe“ am Güterbahnhof von Auschwitz und ab Mai 1944 auf der „Neuen Rampe“ in Birkenau die Entscheidung über Leben und Tod der Deportierten. Sie wählten diejenigen aus, die direkt zur Ermordung in die Gaskammern verbracht, und diejenigen, die ins Lager zur Zwangsarbeit eingewiesen wurden. Der Rampendienst wurde von vielen SS-Angehörigen mit Vorliebe versehen, denn er bot Gelegenheit, sich am Hab und Gut der deportierten Juden zu bereichern. Darüber hinaus erhielten die SS-Leute, die ihren Dienst auf der Rampe ableisteten, begehrte Sonderrationen (Schnaps, Zigaretten). Der Zeuge Dürmayer, der Mitglied der Lagerwiderstandsbewegung war, konnte als Häftlingsfunktionär das Verhalten der SS-Leute gut beobachten.

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