Viktor Lederer
Viktor Lederer, geboren 1905 in Eger (heute Tschechoslowakei), wurde in Dresden aus politischen Gründen zu einer Zuchthausstrafe verurteilt und im April 1943 aus der Haftanstalt in Bayreuth nach Auschwitz verbracht. Als politischer Häftling Nummer 118.331 registriert, kam Lederer in ein schweres ArbeitskommandoArbeitskommando
Eine Häftlingsgruppe, die von der → SS zu einer bestimmten Tätigkeit eingesetzt wurde, nannte man „Arbeitskommando“. Seitens der SS war ein „Kommandoführer“ für den Arbeitseinsatz der Häftlinge verantwortlich. Von der SS eingesetzte → Kapos, bei großen Arbeitskommandos Oberkapos, hatten Aufsichtsfunktionen auszuüben. Nicht wenige Kapos erwiesen sich als willige Handlanger der SS und drangsalierten die Häftlinge.
. Wegen einer Verletzung musste er längere Zeit im HäftlingskrankenbauHäftlingskrankenbau
In den Konzentrationslagern wurden Blöcke bzw. Baracken eingerichtet, in denen kranke Häftlinge medizinisch versorgt werden sollten. → SS-Lagerärzte und → SS-Sanitätsdienstgrade waren die Vorgesetzten von → Häftlingsärzten und -pflegern, die sich mit den wenigen zur Verfügung stehenden medizinischen Mitteln um die erkrankten Häftlinge kümmerten. Der Aufenthalt im → Krankenbau war für die Lagerinsassen mit einem hohen Risiko verbunden. Wurden die Kranken innerhalb kurzer Zeit nicht wieder „arbeitsfähig“ und konnten ins Lager entlassen werden, fielen sie Selektionen zum Opfer. Die → SS-Ärzte, assistiert von den Sanitätsdienstgraden, wählten die Kranken aus und schickten sie in den Tod: Sie wurden vergast oder mit → Phenolinjektionen getötet.
bleiben und wurde danach dem Kommando Schädlingsbekämpfung bei der Dienststelle SS-Sturmbannführer Alfred Pflaum zugeteilt. Später war er Blockschreiber in Auschwitz IAuschwitz I
Im November 1943 wurde der Lagerkomplex Auschwitz administrativ dreigeteilt: Das → Stammlager, das seit Mai 1940 existierende, erhielt die Bezeichnung Auschwitz I.
(StammlagerStammlager
→ Auschwitz I
). Er überlebte den TodesmarschTodesmarsch
Als im Januar 1945 die Rote Armee sich Auschwitz näherte, beschloss die → SS, das Lager zu „evakuieren“, das heißt, die Häftlinge in streng bewachten Marschkolonnen nach Westen zu treiben. Bei eisiger Kälte, im Schnee, schlecht bekleidet und meist ohne Proviant marschierten die Häftlinge kilometerweit über die Landstraßen. Die Strapazen, die Kälte verursachten, dass viele Häftlinge vor Erschöpfung zusammenbrachen und von der → SS erschossen wurden. Tausende kamen auf diese Weise ums Leben.
von Auschwitz und wurde Anfang 1945 in andere Lager verschleppt.
Zur Zeit seiner Aussage war der Zeuge Viktor Lederer 59 Jahre alt und arbeitete als Beamter in Prag/Tschechoslowakei.
Hörbeispiel:
Wir hatten eine Abwehrbewegung im Lager. Eine Abwehrbewegung, die dazu gedient hat, unser Leben zu schützen. Wir wussten, dass der Krieg langsam, aber sicher zu Ende geht, und wir mussten nun damit rechnen, dass wir liquidiert werden. Wir haben alles getan, dass wir irgendwie unseren Kameraden und unseren Freunden helfen. Dass wir ihnen, soweit wir Brot zur Verfügung hatten, Brot gaben, aus den Paketen und so weiter. Unsere Bewegung war hauptsächlich auf Solidarität eingestellt. Sie war natürlich auch eingestellt auf aktiven antifaschistischen Kampf. Es ist wichtig zu sehen, dass wir Häftlinge der verschiedensten Nationen, und wir waren da die verschiedensten Nationen und die verschiedensten Religionen ... also eine Abwehrbewegung zusammenkam, unter diesen schrecklichen Bedingungen, die, sagen wir mal, auf einer wirklich europäischen, internationalen Grundlage geführt war.
(108. Verhandlungstag, 5.11.1964)
Erläuterung:
Lederer, der in Freiheit gegen die Nazis tätig gewesen war und als politischer Häftling nach Auschwitz kam, gehörte der Lagerwiderstandsbewegung an. Widerstand in Auschwitz bedeutete vor allem, sich um die Verbesserung der Lebensbedingungen der Häftlinge zu bemühen, willkürliche Tötungen durch SS-Angehörige, zum Beispiel das sogenannte Abspritzen von kranken Häftlingen, zu bekämpfen, Kontakte mit der Außenwelt aufzunehmen und Fluchten vorzubereiten. In der zweiten Jahreshälfte 1944 verbreitete sich unter den Häftlingen die Angst, das Lager samt seinen Insassen würde beim Näherrücken der Roten Armee zerstört, vernichtet werden. Gegen das Vorhaben der SS versuchten die Mitglieder des Lagerwiderstands vorbeugende Maßnahmen zu treffen.