Rudolf Kauer

Rudolf Kauer, 1902 in Tetschen (heute Tschechien) geboren, studierte an der Technischen Hochschule in Prag Hoch- und Tiefbau. Im Oktober 1933 wegen angeblichen Hoch- und Landesverrats verhaftet und 1935 zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, kam Kauer nach seiner Strafverbüßung nicht frei. Die GestapoGestapo
→ <Geheime Staatspolizei>
nahm ihn in „SchutzhaftSchutzhaft
Die „Schutzhaft“ war eine sicherheitspolizeiliche Repressivmaßnahme des NS-Regimes. Durch Unrechtsgesetze scheinlegalisiert nahm die Gestapo Menschen fest, die ihr verdächtig erschienen. Gefährdete ein Staatsbürger angeblich „Bestand und Sicherheit des deutschen Volkes und des deutschen Staates“ konnte die Gestapo ihn verhaften und in ein Konzentrationslager verbringen lassen.
“ und verbrachte den politischen Häftling ins KonzentrationslagerKonzentrationslager
Die → SS richtete unmittelbar nach der sogenannten Machtergreifung (Ende Januar 1933) Konzentrationslager für Menschen ein, die das Regime als politische Gegner betrachtete und deshalb verfolgte.
Die Hauptkonzentrationslager waren: Dachau (1933–1945), Sachsenhausen (1936–1945), Buchenwald (1937–1945), Flossenbürg (1938–1945), Mauthausen (1938–1945), Neuengamme (1940–1945), Ravensbrück (1939–1945).
In den besetzten Gebieten: Stutthof (bei Danzig) (1939–1945), Auschwitz (1940–1945), Groß-Rosen (bei Breslau) (1940–1945), Natzweiler-Struthof (Elsass) (1940–1945), Plaszow (bei Krakau) (1941–1945), Majdanek (bei Lublin (1941–1944).

. Im Mai 1941 wurde Kauer vom KZKZ
→ Konzentrationslager
Neuengamme (bei Hamburg) nach Auschwitz transportiert, als Nummer 15.592 registriert und im Kommando „Zentralbauleitung der Waffen-SS und Polizei Auschwitz“ eingesetzt. Die Zentralbauleitung war für Planung und Bau aller Gebäude im sogenannten „Interessengebiet des KLKL
→ Konzentrationslager
Auschwitz“ zuständig, auch für die Errichtung der vier KrematorienKrematorien
Die → SS ließ in den Konzentrationslagern durch Privatfirmen Krematorien bauen, um verstorbene und getötete Lagerinsassen beseitigen zu können. In Auschwitz wurde Anfang August 1940 das erste Krematorium fertiggestellt. Es handelte sich um einen Ofen mit zwei Brennkammern. Im Februar 1941 und im Mai 1942 kamen zwei weitere Öfen hinzu. In den seit Mitte 1942 in Birkenau erbauten Krematorien gab es in den Krematorien II und III jeweils fünf Öfen mit je drei Brennkammer, in den Krematorien IV und V jeweils einen Ofen mit je acht Brennkammern.
im Vernichtungslager BirkenauBirkenau
Seit Oktober 1941 wurde das von der SS als „Kriegsgefangenenlager“ bezeichnete Lager Birkenau erbaut, das bis in das Jahr 1944 kontinuierlich erweitert wurde. Im Lager Birkenau wurden auch seit Mitte 1942 vier Krematorien mit Gaskammern errichtet, die die Orte der Menschenvernichtung waren.
. Für das „Fluchtdezernat“ der Politischen Abteilung zeichnete Kauer auch „Tatortskizzen“. Die Politische Abteilung hatte wirkliche bzw. vorgebliche Fluchten von Häftlingen zu untersuchen, einen Bericht zu verfassen und an das ReichssicherheitshauptamtReichssicherheitshauptamt
1939 wurde das SS-Reichssicherheitshauptamt (RSHA) gegründet. Seine Leiter waren Reinhard Heydrich (1904–1942) und Ernst Kaltenbrunner (1903–1946). Unter dem Dach des RSHA wurden die Sicherheitspolizei (Geheime Staatspolizei und Kriminalpolizei) und Sicherheitsdienst (SD) adminstrativ zusammengefasst. Das RSHA plante und organisierte den Mord an den europäischen Juden.
der SS in Berlin zu schicken. Kauer wurde Mitte September 1944 aus Auschwitz nach Leitmeritz, einem Nebenlager des KZKZ
→ Konzentrationslager
Flossenbürg (Oberpfalz, östlich von Weiden), überstellt. Dort gelang ihm kurz vor Kriegsende die Flucht.
Zur Zeit seiner Aussage im Juli 1964 war der Zeuge Rudolf Kauer 62 Jahre alt und arbeitete als Bauingenieur in Salach/Baden-Württemberg.

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Hörbeispiel:
Die ersten Transporte wurden ja total vergast. Das waren diese vier Transporte von Sosnowitz, und dann kam auf einmal eine Anordnung von Obergruppenführer Pohl, da war ich damals sogar noch auf der Bauleitung. Und dann wurde auf der Bauleitung in dieser Beziehung darüber beraten, dass man aus diesen Transporten jeweils noch soundso viele herausnimmt, um Arbeitskräfte zu bekommen. Dann wurde das erweitert, auch für die Rüstung und für andere Arbeiten wie für die Buna-Werke, dass jeweils eben aus diesen Transporten soundso viele herausgenommen werden. Die Transporte waren von Grund auf, von allem Anfang an zur Vernichtung bestimmt. Es arbeiteten zwei Instanzen, eine verlangte hohe Totenzahlen, die andere verlangte hohe Zahlen von Arbeitern. Man konnte das nie richtig vereinen.
(62. Verhandlungstag, 6.7.1964)

Erläuterung:
Im August 1943 wurden die 40 Kilometer nördlich von Auschwitz gelegenen Ghettos der oberschlesischen Städte Sosnowitz (Sosnowice) und Bendsburg (Będzin) aufgelöst und mehr als 30.000 Ghettoinsassen nach Auschwitz deportiert. Infolge des Arbeitskräftemangels und der schlechten Kriegslage ordnete der Chef des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes in Oranienburg, SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, an, „arbeitsfähige“ Juden bei der SelektionSelektion
Die Auswahl oder Aussonderung von Häftlingen und von nach Auschwitz verschleppten Juden auf der → Rampe wurde „Selektion“ genannt. Selektion innerhalb des Lagers konnte für die Häftlinge zweierlei bedeuten: Verbleib im Lager bzw. Überstellung in ein anderes Lager oder Ermordung: Tod in der Gaskammer, Tötung mit Injektionen, Erschießung. Für nach Auschwitz verschleppte Juden hieß Selektion auf der Ankunftsrampe: Verbringung ins Lager zur Sklavenarbeit oder sofortige Ermordung in den Gaskammern.
auszuwählen und zur Zwangsarbeit einzusetzen. In SS-eigenen Betrieben in den Konzentrationslagern und in Rüstungsfabriken sollten die Sklavenarbeiter zur Kriegsproduktion beitragen. Das von dem Zeugen Rudolf Kauer erwähnte „Buna-Werk“ wurde seit April 1941 in der Nähe von Auschwitz von dem Chemiekonzern I.G. Farbenindustrie AG errichtet. Der Zeuge weist in seiner Aussage darauf hin, dass die beiden SS-Hauptämter, das ReichssicherheitshauptamtReichssicherheitshauptamt
1939 wurde das SS-Reichssicherheitshauptamt (RSHA) gegründet. Seine Leiter waren Reinhard Heydrich (1904–1942) und Ernst Kaltenbrunner (1903–1946). Unter dem Dach des RSHA wurden die Sicherheitspolizei (Geheime Staatspolizei und Kriminalpolizei) und Sicherheitsdienst (SD) adminstrativ zusammengefasst. Das RSHA plante und organisierte den Mord an den europäischen Juden.
(RSHARSHA
→ Reichssicherheitshauptamt
), das den Mord an den europäischen Juden plante, organisierte und durchführte, und das Wirtschafts-Verwaltungshauptamt (WVHAWVHA
→ SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt
), zum Teil unterschiedliche Ziele verfolgten. Das RSHARSHA
→ Reichssicherheitshauptamt
befahl die sofortige Vernichtung der deportierten Juden, das WVHAWVHA
→ SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt
wollte die Lager „ökonomisieren“, das heißt die Arbeitskraft der Häftlinge im Interesse der Kriegswirtschaft bis zu ihrer „Vernichtung durch Arbeit“ ausbeuten.